2005 Ja, wir haben auch Strom

Von Hagerstown aus reiste die KDG-Delegation auch noch für einige Tage nach Washington D.C. Pflicht: ein Besuch am Capitol.

SCHULE / Konrad-Duden-Gymnasiasten besuchten Hagerstown. Die Vorurteile über Deutschland nahmen sie mit Humor.
WESEL. Ach, bei euch fahren die Autos gar nicht auf der linken Straßenseite? Und elektrischen Strom habt ihr auch? So manche Frage ihrer Gastgeber ließ die 20 Schüler des Konrad-Duden-Gymnasiums (KDG), die drei Wochen lang Gäste in der amerikanischen Partnerstadt Hagerstown waren, die Stirn runzeln. Aber allen Merkwürdigkeiten, die ihnen in den USA begegneten, zum Trotz: Für alle steht fest, dass sie lieber heute als morgen wieder über den Atlantik fliegen würden.
Als die Schulleitung des KDG im Vorjahr nach Interessenten für den US-Trip fragte, war der Zuspruch groß: „64 Schüler wollten mitfahren", so Rektor Heinzgerd Schott. Die 20 Neunt- und Zehntklässler, die letztlich den Zuschlag erhielten, opferten dafür ihre Osterferien - nur um „drüben" gleich wieder die Schulbank zu drücken. Was offenbar kein Vergnügen ist: „Da dauert eine Schulstunde 90 Minuten. Und große mündliche Beteiligung gibt es da nicht, meistens steht nur der Lehrer vorn und erzählt was", berichtet Peter Palbert. Der Stundenplan tue sein Übriges: Jeden Tag stünden die gleichen Fächer auf dem Programm. „Viele Schüler haben mir erzählt, dass das alles für sie total deprimierend ist", sagte Stefan Fölting. Untergebracht waren die Gäste aus Deutschland in den Familien jener Schüler, die ihrerseits bald Wesel einen Besuch abstatten werden. Sprachprobleme? Gab's nicht. „Die waren ganz überrascht, wie gut wir Englisch sprechen", so Stefan Fölting. Verständnisprobleme gab's höchstens im sozio-kulturellen Bereich. Zum Beispiel bei der Familie von Felix Raupp: „Mein Gastvater war ein totaler Waffenfanatiker." Revolver und Schrotflinten habe es aber praktisch in jeder Familie gegeben, berichteten seine Mitschüler. Bastian Tebbe wurde derweil in seinem Umfeld mit großer Religiosität konfrontiert: Ein Gebet gab's jeden Morgen und vor jeder Mahlzeit. Michael Vos' Gastfamilie nahm ihn in einen Gottesdienst der Mormonen mit: „Der hat drei Stunden gedauert ..." Anke Siebert verbrachte mit ihren Gasteltern einen Tag bei den Amish People, die ohne Strom und Autos leben.
Von dieser aus Holland stammenden Religionsgemeinschaft hätten auch viele Amerikaner ihre Kenntnisse über Deutschland abgeleitet - daher auch die eingangs erwähnte Frage nach dem elektrischen Strom.
Die guten Englischkenntnisse reichten übrigens scheinbar nicht, um sich gegenüber einer Reporterin der örtlichen Zeitung verständlich zu machen, die über die Besucher berichtete. Jedenfalls waren die Weseler bass erstaunt, als sie sich in der „Daily Mail" zitiert fanden -zum Beispiel Lena Füting, die angeblich behauptet hatte, in Deutschland sei es im Winter grüner als im Sommer: „Stimmt gar nicht. Das sollte heißen, dass es in Hagerstown grüner ist als in Deutschland." Immer diese Zeitungen, schreiben nur Unsinn ...
THOMAS KRISTANIAK in NRZ vom 20.4.2005