Rollenwechsel: Der Boys' Day feierte gestern Premiere. Paul Brüx (15) aus Hamminkeln sammelte - untypisch für einen Jungen - Erfahrungen als Erzieher im Regenbogen-Kindergarten. Und beim 10. Girls' Day schlüpften Mädchen in typische Männerberufe - etwa in der Autowerkstatt.
VON KATHARINA PAUS in RP vom 15.4.2011
WESEL/HAMMINKELN Spiele spielen, Ostereier bemalen, mit Duplo-Steinnen bauen und vorlesen. Paul Brüx (15) war gestern im Regenbogenkindergarten in Hamminkeln ein gefragter junger Mann. Der 15-jährige Schüler des Konrad-Duden-Gymnasiums hatte sich bei der Premiere des Boys' Days einen typischen Frauenberuf ausgesucht. Professionelle Erziehungsarbeit ist weitgehend immer noch reine Frauensache. Das wollte der Junge einmal ausprobieren. „Ich bin früher selber hier in diesen Kindergarten gegangen und habe jetzt mit dem Boys' Day die Möglichkeit genutzt, mal wieder vorbeizuschauen", erzählt der Schüler der Jahrgangsstufe 9. Von acht bis zwölf Uhr immer jemanden um sich herum rennen zu haben, ist ganz schön anstrengend. Deshalb ist sich der Gymnasiast am Ende sicher: „Es hat sich für mich auf jeden Fall gelohnt - und Spaß gemacht hat es auch. Aber es war mehr ein Testlauf. Mein Traumberuf ist das sicher nicht."
Gucken, wie Männer arbeiten
Isabel Tebbe (15) und Sarah Thenhausen (14), ebenfalls Schülerinnen am KDG, wollten mal „gucken, wie Männer so arbeiten". Dazu haben die beiden Mädels am Girls' Days einen Tag lang die Automechaniker bei „Euromaster" an der B 8 besucht und ihnen beim Reifenwechseln über die Schulter geguckt. Im Blaumann über den ältesten Klamotten und mit Handschuhen gehörten sie gestern zum Team in der Autowerkstatt.
Ihre Aufgabe war es, den Luftdruck der Reifen zu kontrollieren, Schrauben nachzuziehen und Reifen zu schleppen. Harte Knochenarbeit also, üblicherweise reine Männersache. Die meiste Zeit konnten sie allerdings nur zugucken und die Arbeit der Mechaniker beobachten.
„Eigentlich wollten wir letztes Jahr schon am Girls' Day teilnehmen. Das hat nicht geklappt, also haben wir uns diesmal angemeldet", erzählt die 14-jährige Sarah. „Unsere Lehrerin hat uns gesagt, dass der Girls' Day eine gute Möglichkeit sei, in einen Beruf rein zu schnuppern und ein paar praktische Erfahrungen zu sammeln", fügt Isabel hinzu. Nach einem Tag im Blaumann stand aber auch für die beiden fest: „Das ist nicht das, was wir später einmal machen möchten."
Berufsorientierung ohne Blockade
Der Girls' Day war gestern bereits die zehnte Auflage. Mädchen ab dem fünften Schuljahr haben die Chance, einen Tag lang in einem typischen Männerberuf zu arbeiten. Der Boys' Day feierte gestern Premiere. Die Jungen konnten testen, wie es ist, einen Tag in einem typischen Frauenberuf zu arbeiten. Der Tag gibt Jugendlichen die Möglichkeit, gerade die Berufe kennenzulernen, die sie vielleicht gar nicht auf ihrer Liste der Berufswünsche stehen haben, weil sie eben typische männlich oder weiblich sind. So sollen hinderliche Vorurteile abgebaut werden.
INFO: Der erste Boys’ Day
Jungen ab der fünften Klasse haben seit diesem Jahr die Möglichkeit parallel zum Girls' Day Erfahrungen in typischen Frauenberufen zu sammeln. Sie lernen an diesem Tag Dienstleistungsberufen im Bereich Erziehung, Soziales, Gesundheit oder Pflege kennen.