Wenn die jetzigen Neuntklässler an Gymnasien sitzenbleiben, müssen sie nicht mehr nach 13, sondern schon nach zwölf Jahren Abitur machen. Nun macht das Land Druck auf die Schulen. Niemand soll die Klasse wiederholen müssen.
VON SVEN DURGUNLAR in RP vom 08.11.2008
DÜSSELDORF Das Problem: Gymnasiasten der neunten Klasse, die zum Ende des Schuljahres 2008/2009 sitzenbleiben, müssen mit dem wesentlich dichteren Lernpensum der sogenannten G8-Klasse (die das Abitur nach zwölf Jahren macht) zurechtkommen. Die Landesregierung will möglichst verhindern, dass es überhaupt soweit kommt.
Nach Informationen unserer Zeitung sind die Schulleiter mündlich von den Dezernenten der Bezirksregierung darüber informiert worden, dass die Bezirksregierung jeden Fall eines Wiederholers prüfen werde. Die Schulen werden zudem angehalten, frühzeitig mit den Eltern eines vom Sitzenbleiben bedrohten Schülers über Perspektiven zu sprechen. So soll auf die Möglichkeit verwiesen werden, dass ein Wiederholer auf eine Gesamtschule wechseln kann, um im 13-jährigen Bildungsgang zu bleiben. Im Gespräch ist auch die Möglichkeit, Wiederholer in die Klasse acht zurückzuversetzen, damit sie eine Chance haben, im zwölfjährigen Bildungsgang zu bestehen.
Bisher prüfte die Bezirksregierung erst nach Widerspruch der Eltern die Entscheidung der Schule, einen Schüler sitzenbleiben zu lassen. Die Lehrer werden nun faktisch unter Druck gesetzt: Sie müssen sich für schlechte Noten, die einen Schüler zum Wiederholer machen, in jedem Fall ausführlich rechtfertigen - auch mit einer Dokumentation der Schülerleistungen des gesamten Jahres. Der Philologenverband befürwortet das Vorgehen im Grundsatz, vorausgesetzt, die Schüler erhalten bereits im Vorfeld ausreichende Unterstützung, um die Versetzung zu schaffen. „Wir unterstützen, dass künftig von der Prognoseklausel häufiger Gebrauch gemacht wird", sagt Peter Silbernagel, Vorsitzender des NRW-Philologenverbandes. Diese Klausel sieht vor, dass Schüler auch bei unzureichenden Schulleistungen versetzt werden, wenn ein deutliches Verbesserungspotenzial zu erwarten ist. Das gibt Lehrern Spielraum, über eine mögliche Versetzung zu entscheiden. Die Regelung des Schulministeriums dürfe allerdings nicht dazu führen, dass Schüler in die zehnte Klasse versetzt werden, obwohl sie überfordert seien, betonte Silbernagel. „Sollte die Regelung dazu führen, dass Lehrer anstelle einer Sechs eine Vier vergeben, ist das nicht hinnehmbar."
INFO „Turbo-Abitur"
Der Begriff Turbo-Abitur hat sich als saloppe Bezeichnung für das Abitur nach zwölf Jahren eingebürgert. Umstellung 2005/2006 an wurde das Abitur nach 12 Jahren (G8) an allen Gymnasien für die neuen Fünftklässler eingeführt. Die diesjährigen Achtklässler sind also die ersten, die das Abitur nach 12 Jahren absolvieren. Lehrpläne Für die verkürzte Schulzeit wurden die Lehrpläne ausgedünnt.