Anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft zwischen Wesel und Hagerstown ist eine Broschüre entstanden, die auf die gemeinsamen Jahrzehnte zurückblickt. Darüber freuen sich (von links): Heidrun Strauch vom Büro der Bürgermeisterin, Silke Ostermann, Christine Walkenhorst und Claus-Dieter Schmidtke (alle drei Konrad-Duden-Gymnasium), Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und der Vorsitzende der Partnerschaftsvereinigung Wesel-Hagerstown, Richard Wolsing. Foto: Erwin Pottgiesser / FUNKE Foto Services

NRZ; 12.09.2022

Wesel. Seit 70 Jahren sind Wesel und Hagerstown freundschaftlich verbunden. Zum Jubiläum wird gefeiert – und auf eine bewegte Geschichte zurückgeblickt.

Wären Wesel und Hagerstown nicht Städte, sondern Ehepartner, würden sie diesen Monat ihre Gnadenhochzeit feiern. Denn mittlerweile besteht ihre Partnerschaft seit 70 Jahren: Am 21. September 1952 wurde sie offiziell durch den damaligen Hagerstowner Bürgermeister im Rahmen einer Festversammlung verkündet. Am Donnerstag, 22. September, wird nun das Jubiläum mit einem Empfang und einer Ausstellung im Weseler Rathaus gefeiert. Außerdem haben Stadt und Partnerschaftsvereinigung zu diesem Anlass eine 35 Seiten starke Chronik erarbeitet, die diese außergewöhnliche Partnerschaft ausführlich dokumentiert.

Städtepartnerschaft schon sieben Jahre nach Kriegsende

Außergewöhnlich ist diese frühe Verbindung vor allem, weil der Zweite Weltkrieg zum Zeitpunkt ihrer Gründung erst wenige Jahre vorbei ist. Und auch, dass sie bis heute gehalten hat, ist bemerkenswert. Denn wie alle Beziehungen muss auch eine Städtepartnerschaft gepflegt werden. „Das Ganze geht natürlich am besten, wenn die Menschen sich kennenlernen, sich schätzen lernen und sich gegenseitig besuchen“, hält Bürgermeisterin Ulrike Westkamp fest.

Gegenseitige Besuche sind fester Bestandteil der Städtepartnerschaft. Hier (im Jahr 2017) steht die Weseler Delegation vor dem Partnerschaftsschild am Wesel Boulevard in Hagerstown.
Foto: Helmut Westkamp

Das aber war in den frühen 1950er-Jahren gar nicht so einfach, denn Reisen waren ein Luxus, transatlantische Begegnungen nicht ohne großen Aufwand möglich. Daher gab es ab 1952 vorerst Briefkontakt – nicht nur von Bürgermeister zu Bürgermeister, sondern auch zwischen Privatleuten und Schülern. Ein erster offizieller Besuch folgte im Jahr 1954, bei dem sich Wesel in Hagerstown im Rahmen einer Ausstellung präsentierte.

Mit im Gepäck waren damals unter anderem die Geusenbecher, auch bekannt als „Weseler Prunkpokale“, die die Stadt Ende des 16. Jahrhunderts von Glaubensflüchtlingen geschenkt bekommen hatte. „Dass das Risiko eingegangen wurde, die Geusenbecher mit nach Amerika zu nehmen, find ich schon sehr bemerkenswert“, beurteilt die Bürgermeisterin aus heutiger Perspektive. Immerhin gehören diese zu Wesels bedeutendsten Schätzen.

Wesel und Hagerstown weihen einen Kommunikationssatelliten ein

Kurz nach der Begründung der Städtepartnerschaft – im Jahr 1955 nämlich – gründete sich in Wesel der erste Verein zu deren Pflege. Im gleichen Jahr besuchte erstmals eine offizielle Delegation aus Hagerstown die Hansestadt, in Wesel laufen anlässlich dessen die Amerika-Festtage. Beziehungstechnisch läuft es zwischen den beiden Städten gut. Ein öffentlichkeitswirksamer Höhepunkt ereignet sich am 27. Juli 1962: Dann nämlich wird der erste zivile Kommunikationssatellit in Betrieb genommen und 23 europäische Städte dürfen zur Einweihung die ersten Telefonate mit ihren Partnerstädten darüber führen. Für Deutschland im Rennen: Wesel und Hagerstown, die hiermit zugleich für ihre erfolgreiche, zehnjährige Städtepartnerschaft geehrt wurden.

Bürgermeister Kurt Kräcker (links) telefoniert als erster Deutscher über den Kommunikationssatelliten Telstar mit seinem Amtskollegen Winslow Burhans in Hagerstown.
Foto: Stadtarchiv Wesel

Aber wie es so ist in Beziehungen, gibt es Höhen und Tiefen. Zwar besteht die Städtepartnerschaft weiterhin, es gibt Austausche verschiedenster Art. Doch der Verein, der sich seinerzeit um die Partnerschaft bemüht, zerbricht, als in Deutschland die Anti-Amerika-Stimmung aufkocht. So umreist es Richard Wolsing, der seit 17 Jahren der Partnerschaftsvereinigung Wesel-Hagerstown vorsitzt. Diese wurde erst im Jahr 2000 gegründet und organisiert seit 2002 alle fünf Jahre Besuche in der amerikanischen Partnerstadt.

Schüleraustausch ist wichtiger Stützpfeiler der Partnerschaft

Glücklicherweise für die Städtepartnerschaft wurde bereits während des Besuchs des Hagerstowner Bürgermeisters im Jahr 1986 ein Schüleraustauschprogramm zwischen der „North High“ und dem Konrad-Duden-Gymnasium (KDG) verabredet, das bis heute ein wichtiger Stützpfeiler der Städtepartnerschaft ist. Der gleiche Bürgermeister wählte übrigens im Jahr 1987 Wesel als Trauort – als Trauzeugen fungierten der Bürgermeister aus Felixtowe (Wesels englischer Partnerstadt) und der damalige Weseler Bürgermeister Volker Haubitz.

Der Bürgermeister von Hagerstown, Steven T. Sager, und seine Freundin Carroll Hirrs entscheiden sich im Januar 1987 für eine Hochzeit im Weseler Standesamt.
Foto: Richard Wolsing

Auch im öffentlichen Raum beider Städte gibt es Hinweise auf die Städtepartnerschaft. So wurde bereits 1980 aus der Borkener Straße in Wesel die Hagerstownstraße, zehn Jahre später entsteht in Hagerstown der „Wesel Boulevard“, 2021 werden auch noch zwei Nebenstraßen zu Wesels Ehren „Rhine Way“ und Sister City Drive“ genannt. Zuletzt ist der Partnerschaft im Jahr 2018 größere Aufmerksamkeit zuteil geworden: Sie wurde als aktivste deutsch-amerikanische Städtepartnerschaft ausgezeichnet.

Jubiläums-Feierlichkeiten

Wer an der Ausstellungseröffnung oder dem Empfang zum 70. Jubiläum der Städtepartnerschaft teilnehmen will, muss sich zuvor anmelden. Das ist entweder telefonisch unter 0281/203-2201 möglich oder per Email an: buero-der-buergermeisterin@wesel.de.

Außerdem werden anlässlich des Jubiläums demnächst am neuen Minigolfplatz sieben Amberbäume gepflanzt. Jeder Baum steht für ein Jahrzehnt der Verbundenheit.

Im Oktober wird eine Delegation aus Bürgermeisterin und Ratsmitgliedern nach Hagerstown reisen, um dort an den Jubiläumsfeierlichkeiten teilzunehmen.

Quelle: NRZ