VON DETLEV HUWEL UND JENS VOSS in RP vom 24.09.08
DÜSSELDORF Die Zahl der Kopfnoten auf Schulzeugnissen in NRW wird von sechs auf drei gesenkt. Dies haben CDU und FDP beschlossen. Die Neuerung soll bereits für das nächste Zeugnis am 23. Januar gelten. Laut Schulministerin Barbara Sommer (CDU) werden die Bereiche Zuverlässigkeit/Sorgfalt, Leistungsbereitschaft und Sozialverhalten benotet. Bislang wurden daneben auch Selbstständigkeit, Konflikt- sowie Kooperationsbereitschaft erfasst.
Grundschüler bekommen am Ende von Klasse drei erstmals Kopfnoten; auf den Zeugnissen der Berufskollegs entfallen sie dagegen. Erst auf dem Abschlusszeugnis werden sie erteilt, sagte Sommer. Sie gehe davon aus, dass jetzt auch jene sechs evangelischen Schulen mitmachen werden, die bei den Kopfnoten eine Textversion bevorzugt hätten.
Die Fraktionschefs Helmut Stahl (CDU) und Gerhard Papke (FDP) sprachen von einem guten Kompromiss, der mehr Transparenz und Akzeptanz schaffe. Hinter den Kulissen hatte es bei der CDU rumort, weil sie sich von der Ministerin überfahren fühlte. Sommer hatte am Morgen vier Noten vorgeschlagen und ein längeres Gutachten präsentiert. In der CDU gab es einen Vorstoß für zwei Noten (Arbeitsund Sozialverhalten). Den Durchbruch schaffte eine Arbeitsgruppe aus CDU und FDP. Ex-Schulministerin Ute Schäfer (SPD) nannte die Änderung beliebig, da es keine pädagogische Begründung dafür gebe. Die Grünen sprachen von einem „Geschacher wie bei Ebay". Die GEW fordert, auf Kopfnoten in Abschlusszeugnissen und bei volljährigen Schülern zu verzichten. Ähnlich äußerte sich der Philologenverband. „Überhaupt nicht zufrieden" ist die Landeselternschaft der Gymnasien. Die Vorsitzende Gabriela Custodis zu unserer Zeitung: „Das Problem einheitlicher und klarer Kriterien ist nicht gelöst."
VON DETLEV HÜWEL in RP vom 24.09.2008
Es ist gut, dass der Kopfnoten-Dschungel endlich gelichtet wurde. Das jetzige Verfahren ist alles andere als praktikabel. Eine an sich gute Idee wurde von bürokratischem Wildwuchs überzogen, der Lehrern wie Schülern zu schaffen machte.
Künftig werden nur noch drei Bereiche erfasst, aber das dürfte ausreichen, um sich ein Bild von dem Jugendlichen zu machen. Insofern sind Kopfnoten ein Ansporn für junge Leute, in der Schule mitzumachen. Umgekehrt sollten sich Arbeitgeber, die eine Lehrstelle zu vergeben haben, darauf verlassen können, dass die Noten nicht geschönt sind. Leider sind manche Schulen dazu übergegangen, gute Einheitsnoten zu vergeben. Das könnte auf Dauer das ganze Kopfnoten-System im Misskredit bringen. Man darf wohl davon ausgehen, dass Ministerpräsident Rüttgers größtes Interesse daran hatte, die leidige Kopfnoten-Diskussion noch vor den Herbstferien zu beenden. Der Druck aus der Staatskanzlei war offenbar so groß, dass sich mancher Abgeordneter der Regierungsfraktionen übergangen fühlte. Immerhin konnte gestern ein Streit über nur noch zwei oder vier Kopfnoten verhindert werden. Mit drei Noten traf man sich auf der Mitte. Jetzt muss der Kompromiss seine Praxistauglichkeit erweisen. BERICHT: KÜNFTIG NUR NOCH DREI . . ., TITELSEITE